Wittlich-Schau

Der Knecht, der ein Künstler war

08. Januar 2014 21:13 Uhr, Michael Zöllner | Aktualisiert 21:13

Mit der Ausstellung ‘Celebrities’ wird Josef Wittlich gefeiert, der lange als Hobbymaler verschmäht wurde.

 

„König Wilhelm der IV.“ (links) entstand 1974 – „Promipaar vor Flagge“ heißt das rechte Bild

Er malte nur nachts. Wenn es dunkel und die Arbeit auf dem Hof getan war. Dann schnappte sich Josef Wittlich (1903-1982) die bunten Illustrierten mit den Fotos der Reichen und Berühmten und malte sie ab. Hatte er ein Werk beendet, rollte er es zusammen, legte es beiseite und begann von neuem.

Lange wurden die Bilder des Rheinländers nicht ernst genommen. Zu bunt, zu poppig, zu naiv, der Mann sei lediglich ein Sonntags- und Hobby-Maler, hieß es. Die Galerie Wagner und Partner zeigt nun ab 24. Januar in der Ausstellung “Celebrities” zehn Arbeiten des Knechts, der ein Künstler war. Zu sehen sind Gemälde von Königinnen, Märchenprinzen, Soldaten und Potentaten, alle bestechen durch eine wilde Farbigkeit, sind großformatig und nur auf den ersten Blick niedlich. Tatsächlich verzerrte Wittlich seine Vorlagen ins Groteske und gab ihnen etwas schreiend Bitteres.

Von seiner Kunst konnte oder wollte Wittlich nie leben. Bis zur Rente arbeitete er, zunächst als Hilfsarbeiter in der Landwirtschaft, später als Knecht auf dem bäuerlichen Gut der Fabrikantenfamilie Holly in Naudorf, einem Ort bei Höhr-Grenzhausen, nach dem Zweiten Weltkrieg schließlich in einer Keramikfabrik.

So blieb die Malerei ein Feierabendvergnügen, viele Werke verschenkte er, die meisten landeten wohl zum Heizen im Ofen. Als einige beschenkte Kollegen mit den Bildern die Keramikfabrik schmückten, wurde ein Maler auf Wittlich aufmerksam. Es folgten Ausstellungen in Kunstvereinen und internationalen Galerien. In den 70er-Jahren wurde er schließlich gefeiert. Wittlich habe die Pop-Art vorweggenommen, hieß es nun, seine Werke erinnerten an Andy Warhol und Roy Lichtenstein. Den Künstler selber ließ das unbeeindruckt. Wittlich behielt seinen Job in der Fabrik und malte weiter. Nach Feierabend, wenn es dunkel war.

Bis 8.3., Di-Sa, 13-18 Uhr, Strausberger Platz 8, Friedrichshain, Tel.: 219 60 137

 

http://www.bz-berlin.de/kultur/kunst/der-knecht-der-ein-kuenstler-war-article1786386.htmlBZ

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